„Heizungsgesetz“ verabschiedet – Bundespolitik mit der Brechstange

In der ersten Sitzungswoche nach der Parlamentarischen Sommerpause hat der Deutsche Bundestag heute der Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mehrheitlich zugestimmt.

Der Entwurf vom „Heizungsgesetz“ ist unverändert geblieben. Die Politik hat damit die Chance ausgelassen, das GEG während der Sommerpause zu überarbeiten und die diversen Kritikpunkte aus Opposition, Experten und Fachöffentlichkeit abzuarbeiten.

Auch wenn die Rechtsfolgen der heute verabschiedeten zweiten Novelle des GEG noch nicht bis ins Letzte absehbar sind, so lassen sich zumindest erste große Linien relevanter Inhalte zeichnen:

  • Erst wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen auch die Optionen für klimaneutrales Heizen vor Ort und damit die GEG-Änderungen greifen. Bis zum Vorliegen der Wärmepläne soll es für Bestandsgebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten einen Aufschub für die Pflicht zur Nutzung von 65 % erneuerbaren Energien bei neuen Heizungen geben. Allerdings soll eine Pflicht zur Vorlage einer Wärmeplanung für kleine Kommunen bis 2028, für große Kommunen bis 2026 greifen.
  • B90/Grüne interpretieren ihre „grünen Erfolge“ in den Verhandlungen zur Einigung der Ampel auf die GEG-Reform („Leitplanken“) konsequenterweise so, dass „das GEG für alle Heizungen gelte, die ab dem 01.01.2024 eingebaut werden – auch für diejenigen, die ab 2024 vor dem Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung eingebaut werden und dann ab Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung, also spätestens 2026 oder 2028, den Erfüllungsoptionen des GEG entsprechen müssen.“
  • Dass jede funktionierende Heizung weiter betrieben und bei Bedarf repariert werden kann, ist eine auf dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz basierende Selbstverständlichkeit.
  • Eine „echte Technologieoffenheit“, wonach „jeder seine Heizung im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung nach eingehender Beratung frei wählen kann“, ist nur auf dem Papier gewährleistet. Denn wer im Vertrauen auf die kommunale Wärmeplanung z.B. eine „Wasserstoff-ready-Gasheizung“ einbaut, muss sie nach Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung wieder herausreißen. Das ist entgegen aller Beteuerungen alles andere als eine „echte Technologieoffenheit“.
  • Das Förderkonzept zum Umstieg auf klimaneutrales Heizen sieht eine Sockelförderung von 30 % der Investitionskosten für jeden vor. Zusätzlich ist noch eine Sozialkomponente mit 30 % der Investitionskosten für alle mit einem zu versteuerndem Einkommen unter 40.000 Euro vorgesehen. Dann gibt es noch einen „Klima-Geschwindigkeitsbonus“ von 20 % der Investitionskosten bis 2028. Der Gesamt-Förder-Deckel liegt bei maximal 70 %. Das GEG selbst sieht für die Gebäudehülle keine Ausweitung der Förderung / keine zusätzliche Förderung vor.
  • Dazu soll eine neue (dann zusätzliche / zweite!) Modernisierungsumlage für den Heizungstausch eingeführt werden, die an eine Förder-Inanspruchnahme gebunden wird. Die Modernisierungsumlage soll beim Heizungstausch auf 50 Cent pro Quadratmeter pro Monat gedeckelt werden.
  • Hinweis: Sowohl das Wärmeplanungsgesetz (WPG) als auch die Änderung der Förderrichtlinie Bundesförderung energieeffziente Gebäude (BEG) – Einzelmaßnahmen sind noch nicht beschlossen.

 



Ersteinschätzung

  • Die politische und ordnungsrechtliche Brechstange hat das Image der Wärmepumpe buchstäblich in den (Heizungs-)Keller stürzen lassen und aus der Wärmepumpe einen „Heiz-Hammer“ gemacht.
  • Wer nach dem 01.01.2024 eine neue Heizung braucht, wird trotz gegenteiliger politischen Beteuerungen nur mit einer Wärmepumpe auf der sicheren Seite sein.
  • Auch deshalb, da einzelne Heizungstypen an der Macht des Faktischen scheitern werden: Holz ist ein endlicher Rohstoff und die Wasserstoffnutzung im Wärmemarkt eine noch nicht skalierte (Wunsch-)Zukunftstechnologie, so dass die „freie Wahl“ immer auf eine Wärmepumpe hinauslaufen wird.
  • Dass lediglich die Hälfte aller Gebäude in Deutschland für den effizienten Betrieb einer Wärmepumpe überhaupt geeignet ist, weil diese Gebäude Niedertemperatur-ready sind, wurde in allen politischen Diskussionen wider besseres Wissen ausgeblendet.
  • Die maßgebenden Forschungsinstitute haben sich ganz im Sinne des BMWK aus der öffentlichen Diskussion herausgehalten und unsere – von der Wohnungswirtschaft unterstützte – Forderung nach einer Anrechenbarkeit von Dämm-Maßnahmen nicht öffentlich unterstützt.
  • Keine der demokratischen Parteien, hat – entgegen aller Beteuerungen – eine Lanze für den Wärmeschutz gebrochen, obwohl diese unbestritten die Voraussetzung für den effizienten Betrieb von Wärmepumpen ist. Vorrang in der Diskussion hatten ausschließlich parteipolitische Erwägungen.
  • Bringt man es auf den Punkt, dann hat die laute Diskussion um das GEG zu keinen für die Praxis bedeutsamen Änderungen geführt. Der „Heiz-Hammer“ ist lediglich mit eine paar beschönigenden Formulierungen in eine neue Verpackung gesteckt worden.
  • Somit bleibt eine mit der politischen Brechstange verabschiedete GEG-Novelle und das Bild schlecht gemachter Gesetzgebung. Der Grundsatz Gründlichkeit vor Schnelligkeit wurde mit Füßen getreten.
  • Übrig bleibt zudem ein kommunikatives Desaster: Die Verunsicherung in der Bevölkerung über die Inhalte und Auswirkungen des umgangssprachlich bezeichneten „Heizungsgesetzes“ geht auf das Konto der Regierung selbst und wird sich im Investitionsattentismus der Bundesbürger sowie voraussichtlich in den kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 08.10.2023 widerspiegeln.

Disclaimer: Diese Ersteinschätzung ist aufgrund der hohen Aktualität ohne Gewähr und wird vermutlich noch justiert werden müssen.

 



Fortgang
: Der Bundesrat wird am 29.09.2023 für seine nächste Plenumssitzung zusammentreten und dann dem GEG-Änderungsgesetz voraussichtlich zustimmen (Einspruchsgesetz). Somit kann das geänderte GEG zum 01.01.2024 in Kraft treten.

 


 

Das sind JETZT unsere Aktivitäten

Politik

  • Das Thema Wärmeschutz und Energieeffizienz im Gebäudebereich muss in der Politik wieder einen Stellenwert bekommen. Dazu führen wir auch weiterhin Gespräche.
  • National und europäisch müssen wir noch stärker darauf achten, dass die geplante EU-Gebäudeenergierichtlinie (EPBD) mit ihren Mindestanforderungen an Bestandsgebäude („MEPS“) politisch nicht genauso zum Desaster wird wie das GEG. Wenn auf den „Heiz-Hammer“ nun der „Dämm-Hammer“ folgt, wird dies langfristig Vertrauen kosten.

 

Fachhandwerker und Immobilienbesitzer

  • Auch ohne die Hilfe der Politik muss jetzt Akzeptanz für den Wärmeschutz geschaffen werden. Das GEG lässt sich nur umsetzen, wenn Gebäude Niedertemperatur-ready sind!
  • Der AK Marketing und Öffentlichkeitsarbeit (Leiter: Christian Poprawa) hat die Initiative „WÄRME SCHÜTZEN“ gestartet und bereits ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, das nun so schnell wie möglich umgesetzt wird. Der VDPM-Vorstand hat dazu einen außerordentlichen Etat zur Verfügung gestellt.

Vielen Dank an alle, die uns dabei unterstützen oder schon unterstützt haben!

 


 

Downloads:

  • GEG-Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 17.05.2023, Drucksache 20/6875
  • Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Klimaschutz und Energie v. 05.07.2023, Drucksache 20/7619

 

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