Sondernewsletter Koalitionsvertrag

Gestern haben die Verhandler aus Union und SPD ihren Entwurf für einen Koalitionsvertrag unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ vorgestellt. Nach einer ersten (noch nicht abschließenden) Durchsicht sind die nachfolgenden Aussagen für unsere Branche besonders relevant. Interessant in der Pressekonferenz der Parteivorsitzenden war vor allem die Aussage, dass im Vertrag sehr bewusst von „wir wollen“ und nur sehr selten von „wir werden“ gesprochen wird. Der Finanzierungsvorbehalt gilt daher für die allermeisten Maßnahmen. Dennoch sind gerade aus industriepolitischer Sicht durchaus mehrere positive Punkte übernommen worden, auf die auch wir in den vergangenen Monaten immer wieder hingewiesen hatten.

Bauen und Wohnen:

  • Ankurbelung des Wohnungsbaus und der Eigentumsbildung durch Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive
  • KfW-Programme zu zwei Programmen zusammenführen: eines für Neubau und eines für Modernisierung
  • Einführung eines Investitionsfonds für den Wohnungsbau (Kombi aus staatlichem und privatem Kapital)
  • Vereinfachung Baustandards und Einführung Gebäudetyp E (Abweichen von anerkannten Regeln der Technik soll künftig keinen Mangel mehr darstellen)
  • Beschleunigungspotenziale durch modulares, serielles und systemisches Bauen weiter heben
  • Verbesserung steuerliche Förderung für Neubau und Sanierung
  • Abschaffung des „Heizungsgesetzes“ und GEG einfacher, flexibler und technologieoffen gestalten
  • Gebäudeenergie: CO₂-Vermeidung als zentrale Steuerungsgröße, Sanierung künftig von Erbschaftssteuer absetzbar
  • EH55-Standard soll zur Aktivierung des Bauüberhangs zeitlich befristet wieder förderfähig werden
  • Spielräume bei Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) sollen ausgeschöpft werden und Verlängerungsfrist zur Umsetzung beantragt werden
  • Mietpreisbremse soll in angespannten Wohnungsmärkten für vier Jahre verlängert werden

Energie:

  • Bekenntnis zur Klimaneutralität in Deutschland bis 2045
  • Energiekosten: Reduktion um 5 ct/kWh (Stromsteuer Mindestmaß, Reduktion Umlagen und Netzentgelte, Verlängerung und Ausweitung Strompreiskompensation, Industriestrompreis für energieintensive Betriebe, Entlastung Betriebe ohne Flexibilisierungspotenzial)
  • Abschaffung der Gasspeicherumlage für alle Verbraucher
  • CCS: Überragendes öffentliches Interesse für CCUS-Anlagen, Ratifizierung London-Protokoll, Länderöffnungsklausel für Onshore-Speicherung (Gesetzespaket soll umgehend kommen)
  • Aufbau eines Investitionsfonds Energieinfrastruktur (öffentliches und privates Kapital)
  • Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen 1:1 ans europäische Niveau anpassen
  • Aufbau eines Wasserstoffkernnetzes; Nutzung aller „Farben“ für den Hochlauf
  • Grüne Leitmärkte in der Grundstoffindustrie fördern
  • Fortsetzung Klimaschutzverträge (mit Kriterium Standortsicherung)
  • Emissionshandel: Anrechnung negativer Emissionen im EU-ETS; Preissprünge für Verbraucher bei Einführung EU-ETS 2 vermeiden
  • Doppelnutzung für Solarenergie ermöglichen (u.a. Floating-PV)
  • Rückführung von Energieeffizienz- und Energiedienstleistungsgesetz auf europäisches Niveau

Sondervermögen:

  • Erarbeitung eines Errichtungsgesetzes zur Verteilung des „Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz“ (500 Mrd. Euro in zwölf Jahren)
  • Sanierung des Klima- und Transformationsfonds (KTF), Fokus auf zentrale Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität (Mittel aus dem Sondervermögen werden jährlich zugeführt)

Ressortverteilung nach Parteien (Kabinettsliste wird erst später bekannt gegeben):

  • Die CDU stellt den Bundeskanzler, den Chef des Bundeskanzleramtes sowie die Bundesminister für Wirtschaft und Energie, für Auswärtiges, für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Gesundheit, für Verkehr, für Digitalisierung und Staatsmodernisierung
  • Die SPD stellt den Stellvertreter des Bundeskanzlers sowie die Bundesminister für Finanzen, für Justiz und Verbraucherschutz, für Arbeit und Soziales, für Verteidigung, für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
  • Die CSU stellt die Bundesminister für Innen, für Forschung, Technologie und Raumfahrt sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat

Da diese erste Übersicht sicherlich nicht abschließend sein wird, werden wir eine detaillierte Bewertung des Koalitionsvertrages nachreichen. Bevor sich Friedrich Merz am 7. Mai planmäßig zum Bundeskanzler wählen lassen kann, müssen die Parteien dem Koalitionsvertrag nun in den kommenden Wochen noch zustimmen.

Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

Den Koalitionsvertrag (Kurzfassung) können Sie hier herunterladen.