Die Wärmedämmung von Außenwänden lässt sich grundsätzlich auf zwei Arten erreichen: Zum einen kann der Wandbaustoff selber die wärmedämmenden Eigenschaften mitbringen. Das ist zum Beispiel bei Wänden aus wärmedämmenden Ziegeln, Porenbeton oder Leichtbeton möglich. Die andere Art besteht darin, die Wand ausschließlich nach statischen Gesichtspunkten zu errichten, z.B. aus Kalksandsteinen oder Beton, und den Wärmeschutz durch eine zusätzlich angebrachte Dämmschicht (Wärmedämmsysteme) zu erzielen.
Aufbau und Anwendungsbereiche
Zuverlässigen Wärmeschutz der äußeren Gebäudehülle erreicht man am besten durch moderne Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) für die Fassade. Sie bestehen aus
- wärmedämmenden Platten
- die an den Außenwänden eines Gebäudes befestigt und anschließend
- mit einem Armierungsputz
- und einem Oberputz (oder einer anderen Schlussbeschichtung) versehen werden.
Zu ihrer Anwendung benötigen WDVS eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (abZ) mit allgemeiner Bauartgenehmigung (aBG). Bei der Verwendung CE-gekennzeichneter WDVS auf Basis einer ETA sind die geltenden Planungs-, Bemessungs- und Ausführungsregeln in Anhang 11 der MVV TB zu beachten. Sofern Produkte nicht in den Anwendungsbereich des Anhang 11 der MVV TB fallen, ist für die Bemessung und Ausführung ggf. eine allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) erforderlich. Die darin beschriebenen und geprüften WDVS- Bestandteile sind vom Hersteller sorgfältig aufeinander abgestimmt und dürfen daher nur in der festgelegten Komponenten-Kombination verwendet werden.
Außenseitige Wärmedämm-Verbundsysteme werden bei allen Gebäudearten sowohl im Neubau als auch bei der Bestandssanierung auf Mauerwerk und Beton mit oder ohne Putz sowie auf genormten oder allgemein bauaufsichtlich zugelassenen Untergründen im Holzbau angewendet. Darüber hinaus können sie unter Beachtung bauaufsichtlicher Voraussetzungen zur Aufdopplung auf ein bereits vorhandenes Alt-WDVS eingesetzt werden.
Funktionsweise
Durch das Aufbringen eines WDVS an der Außenseite der Fassade reduzieren sich Wärmebrücken auf ein Minimum und Temperaturspannungen innerhalb der Tragkonstruktion werden erheblich gemindert. Gleichzeitig bleibt die Speicherwirkung der Außenbauteile erhalten, was dazu führt, dass es im Innenbereich im Sommer länger kühl und im Winter länger warm bleibt. Dies
- sorgt für ein angenehmes Raumklima
- reduziert das Risiko von Schimmelbildung
- trägt aktiv zum Klimaschutz bei
- erhöht den Wert der Immobilie und
- mindert die Energiekosten.
Auf die Frage nach der Dauerhaftigkeit eines Wärmedämm-Verbundsystems gibt das Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) eine klare Antwort: Die Lebenserwartung eines WDVS „entspricht der von konventionellen Wandbildnern mit Putz.“ Dieses Wissen ist entscheidend, um häufig geäußerte Zweifel an der Wirtschaftlichkeit von Dämm-Maßnahmen und einer langjährigen Funktionalität auszuräumen. Im Laufe von vier Jahrzehnten wurden WDV-Systeme im Alter zwischen 29 und 45 Jahren durch das IBP mehrfach überprüft. Der Zustand der Fassaden wurde 2014 bei 10 von 11 Gebäuden als „praktisch ohne Mängel“ eingestuft. Voraussetzung für eine solch lange Funktionstüchtigkeit des WDVS ist selbstverständlich eine fachgerechte Verarbeitung durch das qualifizierte Fachhandwerk gemäß Hersteller-Vorschrift.
System- und Gestaltungsvielfalt
Unsere Baukultur ist Ausdruck von Individualität und Vielfalt gleichermaßen. Wärmedämm-Verbundsysteme tragen dem Rechnung und bieten für jedes Gebäude maßgeschneiderte Lösungen mit individueller Optik.
Bei der Auswahl der Dämmstoffe spielen neben den konstruktiven Anforderungen bzw. der Einbausituation die gewünschte Dämmwirkung und bestimmte bauphysikalische Eigenschaften eine Rolle, die auf die Qualität, die Wirkungsweise und letztlich die Wirtschaftlichkeit einer Dämm-Maßnahme wesentlichen Einfluss haben. Entscheidend für die Dämmwirkung ist die Wärmeleitfähigkeit. Sie gibt an, wie viel Wärme durch den Stoff entweichen kann. Je niedriger der Wert, desto besser wird bei gleicher Dämmstoffdicke gedämmt. Die Auswahl des Dämmstoffes beeinflusst auch das Brandverhalten eines WDVS. Bei der Dämmstoffauswahl für eine bestimmte Anwendung sollte ein Fachplaner (Architekt, Handwerker, Energieberater) hinzugezogen werden.
Eine Übersicht der Eigenschaften verschiedener Dämmstoffarten bietet die „Metastudie Wärmedämmstoffe“ des Forschungsinstituts für Wärmeschutz (FIW) München.
Befestigungsarten
In Abhängigkeit des gewählten Systems, der Untergrund-Gegebenheiten und Gebäudehöhen sind folgende Befestigungsarten möglich:
- Kleben – nach den in den Zulassungen in Abhängigkeit vom Dämmstoff angegebenen Klebetechniken voll- oder teilflächig sowie als Randwulst-Punkt-Verklebung.
- Dübeln – in Abhängigkeit von Dämmstoff, Windlast und Haftzugfestigkeit des Untergrundes entweder oberflächenbündig oder im Dämmstoff versenkt.
- Mechanische Befestigung z.B. durch Halteschienen zur Überbrückung nicht tragfähiger Oberflächenschichten oder zum Ausgleich von größeren Untergrundtoleranzen.
Vielfalt der Oberflächen
Das für die Gestaltung von Fassadenoberflächen am häufigsten eingesetzte Bauprodukt ist Putz. Dessen außerordentlich große Vielfalt an Strukturen, Formen und Farben erlaubt die Anpassung an unterschiedlichste Anforderungen und Wünsche der Bauherren und erfüllt in idealer Weise die für Fassaden erforderliche Schutzfunktion.
Auch Flachverblender, Schiefer oder keramische Beläge lassen sich problemlos auf ein WDV-System aufbringen. Formgebende Strukturputze, faszinierende Farbwelten, schimmernde Keramik, glänzendes Metall, edles Glas, Natur pur in Holz und Stein – die Möglichkeiten der Fassadengestaltung mit WDVS sind unendlich vielfältig.
WDVS und Brandschutz
In Deutschland sind die brandschutztechnischen Anforderungen an Außenwandbekleidungen in den Landesbauordnungen geregelt. Abhängig von der Gebäudeklasse ergeben sich unterschiedliche Anforderungsniveaus.
Der in einem WDVS verwendete Dämmstoff beeinflusst maßgeblich dessen brandschutztechnische Eigenschaften. Wärmedämm-Verbundsysteme werden daher im Rahmen des Zulassungsverfahrens als Gesamtsystem umfangreichen Tests unterzogen. Dazu zählen Brandprüfungen, auf deren Grundlage Baustoffklassen und systemspezifische Brandschutzmaßnahmen festgelegt werden.
Angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung hin zu größeren Dämmstoffdicken haben Verbände und Industrie bereits vor mehr als zehn Jahren Lösungen entwickelt, mit denen die Brandweiterleitung an der Fassade im Falle eines Raumbrandes begrenzt wird. Nach Medienberichten über Brandereignisse im Zusammenhang mit WDVS hat die Bauministerkonferenz 2012 eine von Herstellern unabhängige Expertengruppe damit beauftragt, den Brandschutz von WDVS nochmals kritisch zu prüfen. Nach Auswertung der von den Feuerwehren gesammelten Informationen über Brandereignisse stellt die Bauministerkonferenz fest, dass fachgerecht nach den Vorgaben der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen verbaute WDVS gegenüber Raumbränden hinreichend sicher sind. Bei der Analyse der Fälle wurde jedoch deutlich, dass die Häufigkeit einer Brandentstehung unmittelbar vor der Fassade in den letzten Jahren zugenommen hat. Als typische Brandlasten gelten dabei Abfallsammelbehälter oder abgestellte Fahrzeuge. Um WDVS mit EPS-Dämmstoffen davor besser zu schützen, gelten deshalb seit dem 01.01.2016 neue Regelungen – insbesondere zur Anbringung der Brandriegel.
Detaillierte Informationen zu WDVS und Brandschutz: Downloadbereich: Technische Systeminformation “WDVS und Brandschutz” (04/2024)
Arbeitshilfen
Neben den klassischen Planungsgewerken im Wohnungsbau, welche eher auf die architektonischen und statischen Gesichtspunkte abzielen, nimmt heute der Bereich der Bauphysik, speziell der der energetischen Auslegung eines Gebäudes, einen immer höheren Stellenwert für Bauherren, Planer, Gutachter und Handwerker ein. Ein Gebäude soll so zukunftssicher wie möglich sein. Angesichts steigender Energiepreise mündet dies in der Konsequenz, ein Gebäude zu erstellen, welches bei gewünschter Form und Funktion einen minimierten Wärmeverlust aufweist. Diesem Wunsch ist nur dann zu entsprechen, wenn schon zu Beginn der Planungsphase das Gebäude hinsichtlich der Anlagentechnik und seiner Umschließungsflächen thermisch optimiert wird. Hierzu gehört auch die Forderung nach einer Wärmebrückenminimierung aller Anschlüsse.
Basierend auf Konstruktionsskizzen der AIBAU gGmbH, Aachen, wurden hierzu durch die Ingenieurgesellschaft Willems und Schild GmbH, Dortmund, die maßgeblichen Kenndaten relevanter Wärmebrückenanschlüsse bei Wärmedämm-Verbundsystemen ermittelt und die konstruktiven Besonderheiten der Anschlüsse als Unterstützung für die genaue Planung in detaillierten Zeichnungen aufgearbeitet.
Anwendung
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Webinar Update WDVS-Planungsatlas
Details und Hinweise zum Umgang und den erforderlichen Updates zum Planungsatlas finden Sie in den folgenden Dokumenten:
Folien Antje Hannig |
Folien Referent Priv.-Doz. Dr.-Ing. habil. Kai Schild |
Download Webinar-Mitschnitt |